Klimanotstand

Antrag: Die Stadt Waldenbuch verpflichtet sich zum Umwelt-und Klimaschutz Global denken, Lokal handeln

Präambel Die globale Erwärmung ist eine sich schnell entwickelnde Krise, welche die globale Stabilität und die menschliche Existenz ernsthaft gefährdet. Das derzeitige Tempo und Ausmaß der Klimaschutzmaßnahmen reichen nicht aus, um diese Krise abzuwenden. Im Gegenteil: umwelt- und klimaschädliche Aktivitäten gehen rund um den Globus unvermindert weiter. Es sei in diesem Zusammenhang an die Zerstörung der Urwälder vor allem in Brasilien, aber auch in Indonesien und anderen Teilen der Welt erinnert. Nach Ansicht vieler Experten wird das Auftreten von Pandemien wie die derzeitige Corona-Pandemie durch diese Umweltzerstörung begünstigt. Denn das Vordringen der Menschen in vormals ungestörte Lebensräume erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Kontaktes mit unbekannten Krankheitserregern. Durch die Verarmung der Tier- und Pflanzenwelt können sich Krankheitserreger in den verbliebenen Spezies schneller ausbreiten und eher auf den Menschen überspringen. Inzwischen hat der Klimawandel beängstigende Ausmaße erreicht. Die Arktis ist im Sommer zunehmend eisfrei und durch die fehlende Reflexion des Sonnenlichtes beschleunigt sich die Erderwärmung weiter. Mittlerweile taut sogar der Permafrostboden in den subarktischen Gebieten, was aktuell in Russland zu einer verheerenden Umweltkatastrophe geführt hat. Durch dieses Auftauen werden in erheblichem Maße zusätzlich klimaschädliche Stoffe wie Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre abgeben, was einer weiteren Erwärmung Vorschub leistet. Daher müssen dringend in allen Teilen der Welt umwelt- und klimaschonende Maßnahmen ergriffen werden! Es reicht nicht, andere Länder zum Klimaschutz aufzurufen und selber munter weiter umwelt- und klimaschädliche Maßnahmen durchzuführen, wie das weitere Bebauen und Versiegeln der Landschaft. Die ausgedehnten Urwälder Deutschlands und Europas sind bereits vor Jahrhunderten abgeholzt worden.

Daher ist es zynisch, anderen Länder dasselbe verbieten zu wollen. Unser Ziel muss sein, die verbliebene Natur zu erhalten und wenn möglich zerstörte Natur wiederherzustellen. Zusätzlich sind die wenigen verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen zu erhalten und wo möglich in einigen Bereichen, z.B. durch Hecken und ähnliches, naturnah umzugestalten.

Die derzeitige Pandemie zeigt eindrücklich die Grenzen der Globalisierung und die Wichtigkeit einer ortsnahen Lebensmittel- und Futtermittelproduktion auf. Diese zu erhalten muss oberste Priorität haben. Globalisierung darf nicht bedeuten, die ortsnahen Belange zu vernachlässigen.

Daher: Global Denken – Lokal Handeln!

In Anbetracht dieser Umstände fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den Klimanotstand in Waldenbuch auszurufen. Damit soll anerkannt werden, dass auch in Waldenbuch eine konkrete Gefahr durch die Klimakatastrophe und die Umweltzerstörung besteht und dringend Maßnahmen zur Bekämpfung getroffen werden müssen:

1. Allgemein Die Gemeinde erkennt die Eindämmung der Klimakatastrophe und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an. Sie bekennt sich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens, der Klimakonferenz von Katowice 2018 und dem 1,5 Grad Ziel. Beim Klimaschutz kommt der öffentlichen Hand eine allgemeine Vorbildfunktion zu. Die Stadt Waldenbuch steht dazu und bekennt sich zu ihrer Vorbildfunktion.

2. Priorisierung des Umwelt- und Klimaschutzes für Waldenbuch Ab sofort wird Klima- und Umweltschutz bei allen Entscheidungen als wichtigstes Kriterium gewertet und es werden Lösungen bevorzugt, die sich positiv auf Klima-, Umwelt- und Artenschutz auswirken. Hierzu wird ab sofort für sämtliche Beschlussvorlagen das Kästchen „Auswirkungen auf den Klima- und Umweltschutz“ mit den Auswahlmöglichkeiten „Ja, positiv“, „Ja, negativ“ bzw. „Nein, keine Auswirkung“, verpflichtender Bestandteil. Die getroffene Bewertung ist fachlich zu begründen. Beschlüsse mit negativer Auswirkung dürfen nicht gefasst werden, es sei denn, es spielen andere, wichtige Belange eine Rolle.

3. Nachhaltigkeitsbüro und Energiemanagement für städtische Gebäude Das Nachhaltigkeitsbüro wird zeitnah besetzt und um die Bereiche Energiemanagement und Klimaschutz erweitert. Aufgabe des Energiemanagements ist es, nach Möglichkeiten zur Energieeinsparung in der Gemeinde zu suchen und Vorschläge zur Verbesserung der Energiebilanz zu erarbeiten.

4. Schutz und Förderung der Biodiversität Der Naturschutzbund Deutschland erklärt: „[Schottergärten] enthalten wenig oder gar keine Pflanzen. (…) Gerade Vorgärten und kleine Grünflächen haben eine besondere Bedeutung für die Artenvielfalt und das Klima in der Stadt. Sie bilden ökologische Trittsteine für Pflanzenarten, Insekten und Vögel, die auf der Suche nach Nahrung und Nistplätzen von Trittstein zu Trittstein wandern. Grünflächen liefern saubere, frische Luft. Kies- und Steinflächen heizen sich dagegen stärker auf, speichern Wärme und strahlen sie wieder ab. Für das Stadtklima wird die Zunahme an Kiesund Steingärten zum Problem, vor allem, wenn zusätzlich notwendige Kaltluftschneisen durch neue Bebauungen wegfallen.“ Daher fordern wir, gemäß Landesbauordnung § 9, alle städtische Freiflächen naturnah umzugestalten und bei privaten Neubauten auf die gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen. Weitere naturnahe Grünflächen sind durch Entsiegelung neu zu schaffen.

5. Insektenfreundliche Beleuchtung Die Stadt Waldenbuch ergreift Maßnahmen, um die Beleuchtung im öffentlichen Raum insektenschonend zu gestalten

6. Mobilitätsmanagement für die Gesamtstadt Ziel des Mobilitätsmanagements ist die Verminderung des motorisierten Individualverkehrs: Mit „weichen Maßnahmen“ (z.B. Information und Kommunikation) soll bei möglichst vielen Verkehrsteilnehmer*innen Verständnis für „harte Maßnahmen“ (Infrastrukturmaßnahmen) zur Steuerung des ruhenden und des fließenden Verkehrs gewonnen werden, um ein Umdenken bei der Wahl der Verkehrsmittel zu erreichen.

7. Wohnungsbau und klimaneutrale Energieversorgung von Neubauten Die Schaffung von Wohnraum darf nicht mit Bodenversiegelung einhergehen. Es muss daher auch sichergestellt werden, dass bestehender Wohnraum für die Allgemeinheit verfügbar ist. Dazu ist bis Herbst 2020 ein Zweckentfremdungsverbot zu erlassen. Bei Neubauten wird eine in der Jahresbilanz klimaneutrale Energieversorgung mit möglichst hohem Anteil lokal verfügbarer regenerativer Energien als Ziel fixiert. Es soll dargelegt werden, welche Optimierungsmöglichkeiten bei der sogenannten „grauen Emissionen“ (Emissionen durch die Erstellung der Gebäude) bestehen. Geprüft wird, ob sich durch die klimaneutrale Energieversorgung ein Zielkonflikt zum geförderten Wohnungsbau ergibt.

8. Klimaschutzkonzept Die Stadt Waldenbuch erstellt bis Mitte des nächsten Jahres ein integriertes Klimaschutzkonzept (mit Hilfe der Klima- und Energieagentur Baden-Württemberg, KEA-BW), um bis 2030 klimaneutral zu werden.